Süddeutsche Zeitung Magazin

Interview mit Jona Spreter für das SZ Magazin über meine Arbeit "Made In Germany"

Das ganze Interview und alle Bilder auf: 

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SZ-Magazin: Für Ihre Fotoserie »Made in Germany« haben Sie in der ganzen Bundesrepublik deutsches Brauchtum fotografiert, woher kam die Idee?

Moritz Reich: Auf der Suche nach einem Projekt für meine Diplomarbeit stieß ich auf eine Reportage über die Tradition des Maibaumstellens auf bayrischen Dörfern. Die Geschichte und die »Manneskraft« dahinter fand ich spannend. Eine fotografische Aufarbeitung des Maibaumstellens allein war für meine Abschlussarbeit aber zu wenig. Deswegen weitete ich mein Projekt auf verschiedene Brauchtümer im ganzen Land aus. 



Wie sind Sie auf die Bräuche gestoßen, die Sie portraitiert haben?
Die meisten Brauchtümer, die sich in meiner Arbeit wiederfinden, lernte ich über Freunde und Bekannte kennen, die mir von ihrer Heimat erzählten. Auf besonders bekannte Feste wie den Kölner Karneval oder das Münchner Oktoberfest habe ich bewusst verzichtet. 



Sind Sie einfach »auf gut Glück« zu den Veranstaltungen gefahren oder haben Sie sich im Voraus einen Ansprechpartner gesucht? 
Das war ganz unterschiedlich. Ab und an hatte ich einen direkten Ansprechpartner, zumeist über private Kontakte, wie zum Beispiel bei der schwäbisch-alemannischen Fastnacht. Weil ich den ganzen Tag mit den Narren verbrachte - wir waren sogar zusammen Döner essen -, konnte ich dort sehr intime Aufnahmen machen. Bei der Mainzer Fastnacht hingegen musste ich mich offiziell als Fotograf akkreditieren. Vor Ort lief dann aber alles überraschend unbürokratisch: Auf einmal fand ich mich mitten im Sektempfang des Elferrates wieder und niemand hat mich gefragt was ich hier eigentlich mache. 



Die Leute vor Ort standen Ihrer Arbeit also aufgeschlossen gegenüber?
Größtenteils ja. Die Teilnehmer des Thüringer Kohlenschlagens luden mich sogar fürs nächste Jahr wieder zu sich ein. Deutlich misstrauischer waren hingegen die »Buttnmandl« aus dem Berchtesgadener Land. Der Brauch, der schon seit der Keltenzeit besteht, soll nicht zur Touristenattraktion verkommen. Die Einheimischen sind gegenüber Fotografen und der Presse dementsprechend verschlossen. 



Gab es denn, abseits von Mundfaulheit, auch mal richtigen Ärger?
Ärgern musste ich mich, zum Glück, meist nur über schlechte Regionalbahnverbindungen. Einmal wurde es aber schon ein bisschen ungemütlich: Bei den »Gänsereitern« in Bochum-Sevinghausen versperrten mir Vereinsmitglieder die Sicht auf das Spektakel. Jahr für Jahr zur Karnevalszeit versuchen dort die sogenannten Gänsereiter einer von einem Galgen herabbaumelnden toten Gans im Vorbeireiten den Kopf abzureißen. Die Veranstaltung geht auf ein Ritterspiel spanischer Soldaten während des Dreißigjährigen Krieges zurück und ist höchst umstritten. Vor Ort gab es lautstarke Proteste von Aktivisten – die Veranstalter dachten, ich wäre auch einer. 



Waren Sie aber nicht?
Nein. Mit dem Gänsereiten habe ich kein Problem. Ein veganer Fotograf hätte sich da wahrscheinlicher schwerer getan. 



Hand aufs Herz: Wie viel Bier haben Sie während Ihrer Reisen getrunken?
Wenig. Beim Schützenfest in Düsseldorf-Unterrath habe ich mir ein Altbier gegönnt. Alkohol spielt im deutschen Brauchtum aber definitiv eine wichtige Rolle. Der Anteil junger Leute, die sich an der Brauchtumspflege beteiligen, steigt zumeist quasi-proportional mit der Größe der vorhandenen Bierfässer. Dort, wo mehrheitlich alte, nicht mehr ganz so trinkfeste Leute auf den Bierbänken sitzen, bestehen häufig Nachwuchssorgen.